Journal
Franz Escher und seine zerbröselte Steckdose
Der neue Roman von Wolf Haas beginnt mit dem Trauerredner Franz Escher, der ein Problem hat. Seine Steckdose hat den Geist aufgegeben. Während er auf den Elektriker wartet, liest er ein paar Seiten. Das Buch handelt von Elio Russo, dem Kronzeugen im grossen Mafia-Prozess. Elio sitzt im Gefängnis und wartet auf seine Entlassung. Er hat so viele Leute verraten, dass er um sein Leben fürchten muss. Aus Angst bleibt er nachts in seiner Zelle wach und liest in einem Buch. Es handelt von Franz Escher. Escher wartet schon den halben Vormittag auf den Elektriker. Seine Steckdose hat einen Wackelkontakt.
Ähnlich wie bei einem elektrischen Wackelkontakt schaltet das Buch flirrend zwischen den Erzählebenen um, wechselt zwischen Escher und dem Mafioso, treibt beide Handlungen voran und verwebt sie kunstvoll miteinander. Beim Lesen stellen sich unvermeidlich die Fragen: Wer ist Lesende(r), wer Handlungsfigur? Was ist fiktiv, was möglicherweise real? Wie hängen beide Geschichten zusammen? Der raffinierte Inhalt, die messerscharfe Sprache und der unverwechselbare Wortwitz machen diesen Roman zu einem aussergewöhnlichen Leseerlebnis.
Wolf Haas. Wackelkontakt. Hanser 2025.